Hebammenwissen: Stillen

Anlässlich der Weltstillwoche vom 30.09. Bis 06. Oktober haben wir uns mit einer Hebamme über das Thema Stillen unterhalten. Christine Rothenbücher ist zweifache Mutter und arbeitet in Unterfranken als Hebamme, spezialisiert auf den Fachbereich der Nachsorge. Mit dem Thema Stillen wird sie täglich konfrontiert – auch mit Frauen, die sich bewusst dagegen entscheiden.

Symbolbild Hebammenwissen Stillen © Bildagentur PantherMedia alexraths

Symbolbild Hebammenwissen Stillen © Bildagentur PantherMedia alexraths

Inhaltsverzeichnis

Überall hört und liest man, Muttermilch ist die gesündeste Nahrungsquelle für ein Baby – warum ist das so?

Christine: Muttermilch enthält alles, was ein Baby im ersten Halbjahr benötigt. So etwa Antikörper des mütterlichen Immunsystems. Diese schützen vor verschiedenen Krankheiten. Kinder, die gestillt werden, leiden seltener unter Lungenentzündungen und Mittelohrentzündungen. Die Bifidobakterien beeinflussen die Darmflora des Babys positiv. Muttermilch hat die höchste Energiedichte und eine optimale Nährstoffzusammensetzung – immer auf die Bedürfnisse des Babys abgestimmt. Bei Frühchen etwa, ist die Muttermilch anders zusammengesetzt, als bei Babys, die zum Termin geboren werden, da hier ein anderer Bedarf besteht.

Welche Vorteile bringt das Stillen noch?

Christine:  Die Mutter reagiert unbewusst auf den Nahrungsbedarf des Kindes, wacht etwa nachts einige Sekunden vor dem Baby auf, wenn es sich mit Hunger meldet. Muttermilch hat man als stillende Mutter immer und überall dabei, sie ist bereits richtig temperiert und dazu bringt sie eine echte Kostenersparnis. Mütter, die stillen und im ersten Jahr selber kochen, sparen rund 800 Euro. Zudem ist Muttermilch im Sommer anders konzentriert, als im Winter. Im Sommer deckt sie den erhöhten Flüssigkeitsbedarf des Babys perfekt ab, während künstliche Babynahrung immer gleich bleibt und hier im Sommer eventuell zusätzlich Flüssigkeit gefüttert werden muss.

Kann jede Frau stillen?

Christine:  Stillen hat etwas mit Prägung zu tun. Die Erfahrung zeigt, dass nicht jede Frau stillen kann. Manchen steht ihr Körpergefühl im Weg. Frauen, die selbst gestillt wurden, stillen ihre Kinder später häufiger. In Afrika stillt jede Frau – die kleinen Mädchen sehen es nicht anders in ihrer Umgebung.

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Viele Frauen befürchten, durch das Stillen hängende Brüste zu bekommen – ist diese Befürchtung berechtigt?

Christine:  Normalerweise bekommt die Brust innerhalb von zwei Jahren ihre ursprüngliche Form zurück.

Muss sich eine Frau schämen, wenn sie sich bewusst gegen das Stillen entscheidet, beispielsweise, weil sie ihren Körper nach der Schwangerschaft wieder für sich haben möchte?

Christine:  Körperkontakt ist auf viele Weisen möglich, manchmal lassen die Umstände ein anderes Handeln nicht zu. Und wie gesagt, hat Stillen etwas mit Prägung zu tun. Jede Frau hat ihre Geschichte. Ich als Hebamme kann das nicht innerhalb weniger Wochen aufarbeiten. Nein, schämen muss sich eine Frau nicht, wenn sie sich gegen das Stillen entscheidet. Für die Frauen ist das nur oft schwierig, weil es schon vorausgesetzt wird.

Ich als Hebamme bin natürlich für das Stillen. Doch ich finde es auch wichtig, in unserer Arbeit, die Frauen ihren Weg gehen zu lassen, solange natürlich niemand Schaden nimmt. Das ist für mich Professionalität.

Was raten Sie einer Frau, die sich für das Stillen entscheidet – wie gelingt der Start?

Christine:  Viel und früh anlegen, schon im Kreißsaal, Geduld haben und anfangs für viel Ruhe sorgen: wenig Besuch einladen, damit sich Mutter und Kind optimal aufeinander einstellen können.

Wie lange steht einer Mutter der Rat einer Hebamme oder Stillberaterin zu?

Christine:  Ein Jahr lang ab der Geburt.

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