Mit Fantasiereisen besser einschlafen

von
Konstantin Yuganov

Konstantin Yuganov

„Ich kann aber nicht schlafen.“ Wie oft hören Eltern diesen Satz – Abend für Abend. Und wie oft sind sie ratlos, angesichts stundenlanger erfolgloser Einschlafversuche oder der vorausgehenden unzähligen Versuche, das Vorlesen oder Verweilen der Eltern am Bett zu verlängern. Noch was trinken! Eine Geschichte noch! Nur noch … Hier könnt Ihr Beliebiges einsetzen.

 

Manche Eltern sehen darin Erpressungsversuche, andere Hilflosigkeit, wieder andere das Bedürfnis nach Nähe oder die Angst vor Dunkelheit, Alleinsein oder Monstern. Und so unterschiedlich wie die Interpretationen sind die Reaktionen der Eltern, vom rigorosen Nein über zermürbende Kämpfe um jede Minute bis hin zum elterlichen Einschlafen im Kinderbett.

 

Vorteile der Fantasiereisen

Ich möchte Euch eine sanfte alternative Methode vorstellen, die nach meine Erfahrungen allen anderen überlegen ist: die Fantasiereise. Ihr könnt sie auch Traumreise, geführte Meditation oder Gute-Nacht-Meditation nennen – ganz wie es Euch gefällt. Ich mache da keine Unterschiede, wiewohl es für eine weitergehende Untersuchung oder Kategorisierung vielleicht sinnvoll wäre. Was macht sie so wertvoll? Richtig durchgeführt hat sie nämlich gleich mehrere positive Wirkungen, neben der des schnellen Einschlafens:

  • Das Kind lernt mit belastenden Gefühlen umzugehen
  • Es verarbeitet am Tage Erlebtes besser
  • Es erlernt eine Methode, sich zu zentrieren und Ruhe zu finden
  • Das Allgemeinbefinden verbessert sich
  • Regelmäßig durchgeführt erhöht sie die Konzentrations- und Lernfähigkeit.

 

Die Methode

Es gibt unterschiedliche Methoden Fantasiereisen durchzuführen. Ob es eine „richtige“ gibt, wie ich eben behauptet habe, weiß ich natürlich nicht. Allerdings kann ich behaupten, dass die von mir entwickelte und mit etlichen Kindern praktisch erprobte so wie beschrieben wirkt. Darum möchte ich sie hier vorstellen. Hierbei gibt es verschiedene Phasen:

  1. Das bewusste Atmen

Das Kind liegt im Bett, hält die Hände auf dem Bauch und spürt seinem Atem nach. Es lernt, dass sich beim Einatmen der Bauch hebt und beim Ausatmen senkt. Je tiefer es einatmet, um so stärker ist die Bewegung des Bauches.

  1. Entspannungsübungen

Nachdem schon allein durch das bewusste Atmen eine gewisse innere Ruhe eingekehrt ist, folgen einige wenige Entspannungsübungen, wie wir sie z. B. aus dem autogenen Training kennen oder aus der Yoga-Schule.

  1. Die Hinführung zur Trance

Hierbei zähle ich von 10 an rückwärts und fordere dazu auf, sich die Zahlen (sofern das Kind alt genug ist) vorzustellen, wie in einem Aufzug, der nach unten fährt. Nur, dass es nicht in die Erde, sondern in die eigene Tiefe geht. Alternativ kann hier eine Treppe oder eine Rutschbahn eingesetzt werden.

  1. Der Ort der Geborgenheit

Dies ist ein Ort in der imaginierten Natur – ein wunderschöner Platz voller Ruhe und Frieden, den nur das Kind kennt und an den es immer wieder zurückkehren kann, bei jeder Fantasiereise oder auch in Momenten, wo es Geborgenheit braucht. Hier kommt es an und verweilt, bis die eigentliche Reise beginnt.

  1. Fortsetzung der Reise

Das Kind macht sich auf den Weg, der bei jeder Reise anders aussehen kann und woandershin führt – je nach Thema.

  1. Ankunft an der 1. Zieletappe

Das ist der Ort, wo das Kind seine Ängste, Nöte, Sorgen, seine unangenehmen Erlebnisse oder ähnliches abgeben kann – immer in symbolischer Gestalt, in metaphorischen Bildern.

  1. Weiterreise und Ankunft am Ziel

Hier begegnet das Kind der Figur, die den Kontrapunkt zu den Ängsten, Nöten usw. darstellt. So habe ich hier beispielsweise den König als Symbol der Macht oder Stärke eingesetzt für Kinder, die sich klein und ohnmächtig fühlen. Diese Figur nimmt das Kind auf, trägt es oder sorgt für es in anderer Weise, sodass es beruhigt einschlafen kann.

Allein die Phasen zu kennen reicht sicher nicht, um schon eine gute Fantasiereise aufzubauen, dazu gehören auch Dinge wie Stimmführung, Tempo, Wortwahl und mehr. Eine solch meditative Geschichte folgt natürlich anderen Gesetzen des Erzählens als beispielsweise eine Geschichte über eine spannende Verbrecherjagd. Hier hilft es, sich Fantasiereisen auf CD anzuhören und davon zu lernen.

 

Die Symbole

Es sind die Bilder, die metaphorisch eingesetzten Ereignisse, Orte, Figuren, die so stark wirken. Daher sollte auf ihre Auswahl besonders geachtet werden. Dabei ist es hilfreich Märchen und Mythen zu kennen und etwas über Archetypen zu wissen, wie zum Beispiel Zauberer, bestimmte Blumen, Ringe, Federn, die weise alte Frau usw.

Auch Transportmittel können eingesetzt werden, die genauso realistisch wie fantastisch sein dürfen. Das bekannteste der letzten Gruppe ist wohl der fliegende Teppich.

 

Die Wirkung

Wer sich ein wenig mit Lernstrategien auskennt, den wird es nicht verwundern, dass Fantasiereisen vor dem Einschlafen wahre Wunder wirken. Denn Studien haben längst belegt, dass Schlaf die Erinnerung an Angenehmes, Positives fördert. Lernen kurz vor dem Einschlafen hat den größten Effekt auf das Erinnerungsvermögen. Das hat man sich für das Lernen von Bildungsinhalten längst zunutze gemacht. Warum nicht  auch für das Lernen und Vertiefen der Eigenschaften, die wir alle unseren Kindern wünschen: innere Ruhe, innere Stärke, Selbstbewusstsein, das Gefühl von Geborgenheit, Verwurzeltsein, von Liebe und Angenommensein?

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Kommentare (1)

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  1. Katharina Thölken kenne ich persönlich. Sie ist eine wunderbare Geschichten-Erzählerin und mit ihrer sanften, angenehmen Stimme macht sie jede Fantasie-Reise zu einem ganz wundervollen, individuellen Erlebnis. Wir Menschen lieben Geschichten und besonders solche, in denen wir gelassen und liebevoll eintauchen können. Probieren Sie einfach einmal einer ihrer schönen Hörgeschichten aus und lassen sich verzaubern. Viel Spaß und Freude beim Zuhören.

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