Warum du Nabelschnurblut spenden und nicht einlagern solltest

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Mit Stammzellen aus Nabelschnurblut können tödliche Krankheiten, wie Blutkrebs besiegt werden. Findige Unternehmen nutzen dieses Wissen und schlagen daraus Kapital, indem sie besorgte Eltern für die Einlagerung von Nabelschnurblut teuer bezahlen lassen. Dabei ist das eigene Blut im Krankheitsfall oftmals unbrauchbar. Experten raten zur Nabelschnurspende.

Symbolbild Nabelschnurblut © Bildagentur PantherMedia

Symbolbild Nabelschnurblut © Bildagentur PantherMedia / Aynur_sib

„Wenn dir jemand ein Grundstück auf dem Mond verkaufen wollte, mit dem Argument, dass du dort vielleicht in 20 Jahren bauen könntest, würdest du es tun? Wohl eher nicht.“ Mit diesem Vergleich möchte der Stammzellforscher Peter Wernet von der Universität Düsseldorf darauf aufmerksam machen, wie sinnlos das Geschäft mit der Einlagerung von Nabelschnurblut ist.

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Eigenes Blut oft unbrauchbar

Seit Ende der 1980er Jahre weiß man, dass Nabelschnurblut außergewöhnlich viele Stammzellen befinden. Diese Nabelschnurblutstammzellen sind in der Lage, das blutbildende System wiederherzustellen.

Doch nicht immer kommt das eigene Blut überhaupt in Frage. Viele genetisch bedingte Krankheiten, stecken bereits im Nabelschnurblut und machen es im Krankheitsfall für den Betroffenen unbrauchbar. Würde man einem Kind, das an Blutkrebs erkrankt ist seine eigenen Zellen implantieren, könnte es erneut erkranken. Die Gefahr ist sogar so groß, dass in diesem Fall immer fremde Zellen verwendet werden.

Weltweit sind nur etwa 130 Fälle bekannt, in denen eigenes Nabelschnurblut zum Einsatz kam. Es wurde u.a. zur Behandlung von Tumorerkrankungen, Knochenmarksversagen, Diabetes Typ 1 und frühkindlichen Hirnschäden verwendet. In mehr als 20.000 anderen Fällen wurde fremdes Blut verwendet. Mehr als 6.000.000 Spenden sind derzeit in Nabelschnurblutbanken eingelagert.

Das Geschäft mit der Angst

Satte 45 Euro Provision bezahlt das Unternehmen Vita34 an Gynäkologen, wenn diese Neukunden werben. Der Marktführer in diesem Bereich bezeichnet sich auf seiner Website selbst als „Spezialist für Nabelschnurblut“ und verspricht Eltern eine „neuartige Vorsorgeoption“. Ein seriöser Arzt wird sich auf dieses Geschäftsmodell nicht einlassen und seine Patientinnen stattdessen sachlich aufklären. Doch leider gibt es auch in diesem Bereich schwarze Schafe, die aus der Angst ihrer Patienten Kapital schlagen.

Zwischen 2000 und 3000 Euro müssen Eltern auf den Tisch legen, wenn sie das Nabelschnurblut ihres Kindes in einer privaten Nabelschnurblutbank einlagern lassen wollen. Hinzu kommen eine Jahresgebühr von etwa 30 Euro und oftmals entstehen weitere Kosten. Nicht in jedem Krankenhaus ist die Entnahme von Nabelschnurblut im Kreißsaal möglich. Manche Eltern nehmen aus diesem Grund einen weiten Anfahrtsweg auf sich, der mit zusätzlichen Reisekosten verbunden ist.

Sachliche Aufklärung: Fehlanzeige

Eltern, die sich im Internet über Nabelschnurblut informieren wollen, stoßen schnell auf zahlreiche Seiten, wie nabelschnurblut.de, nabelschnurblut-experten.de, nabelschnurblut-tv.de und sogar auf ein Lexikon unter nabelschnurblut-wiki.de. Hinter all diesen Angeboten steht das Unternehmen Vita34. Die Absicht dürfte klar sein. Sachliche Aufklärung ist hier nicht zu erwarten. Das Unternehmen ist bereits von der Verbraucherzentrale abgemahnt worden. Gesundheitliche Aufklärung dürfe nicht irreführend mit Werbung vermischt werden. Inzwischen steht Vita34 nicht mehr offiziell als Herausgeber hinter den Seiten – sondern eine Agentur, die im Interesse des Unternehmens handelt. Der Gesetzgeber kann nun nichts mehr machen. Die Verbraucher werden weiterhin beeinflusst.

Selbst in einer – auf den ersten Blick seriösen – Broschüre vom Bundesverband für Gesundheitsinformation und Verbraucherschutz (BVG), die 2008 mit dem Titel „Zehn Gründe, warum werdende Eltern das Nabelschnurblut ihres Kindes nicht wegwerfen sollten“ erschienen ist, wird Vita34 als einzige private Nabelschnurblutbank genannt. Als weiterführendes Infoportal wird nabelschnurblut.de empfohlen – eine Seite von Vita34. Einen merkwürdigen Beigeschmack hat die Tatsache, dass Vita34 in den vergangenen Jahren Spendengelder an den BVG überwiesen hat. Denn angeblich habe das Unternehmen zum Inhalt der Broschüre nicht beigetragen.

Eine weitere private Nabelschnurblutbank wirbt mit einem Video, das Eltern vom Nutzen einer kostenpflichtigen Einlagerung überzeugen soll. Darin zu sehen ist ein erwachsener Mann, der auf dem Fußballplatz mit einem Herzinfarkt zusammenbricht. Blende. Der Mann berichtet, den Infarkt beinahe nicht überlebt zu haben. „Doch meine Eltern hatten schon vor meiner Geburt entschieden, Stammzellen aus dem Blut meiner Nabelschnur einlagern zu lassen, und diese Stammzellen haben die anschließende Therapie positiv beeinflusst.“ Was in dem Video nicht erwähnt wird: Bislang ist die Medizin noch gar nicht so weit, Nabelschnurblut im Zusammenhang mit einem Herzinfarkt einzusetzen. Womit wir wieder bei den Mondgrundstücken wären.

Nabelschnurblut lieber spenden

Anstatt eines der teuren Angebote zur Einlagerung von Nabelschnurblut anzunehmen, sollte man dieses lieber spenden. Darüber sind sich Experten einig. In 97 Prozent der Fälle wird das Nabelschnurblut nach der Geburt weggeworfen. Meist, weil Eltern über die Möglichkeit einer Spende nicht Bescheid wissen.

Das gespendete Blut kann entweder in einer Nabelschnurblutbank gelagert werden und später kranken Menschen helfen oder es wird zu Forschungszwecken verwendet. In beiden Fällen hätte man eine gute Tat getan. So lange die eigene Spende nicht anderweitig bereits aufgebraucht wurde, kann man darauf selbst zurückgreifen – beispielsweise, wenn ein Geschwisterkind erkrankt.

Die Entnahme von Nabelschnurblut erfolgt durch speziell geschultes Personal im Kreißsaal – unmittelbar nach der Abnabelung des Babys. Die Geburt wird dadurch nicht beeinflusst und das Baby bekommt von der Entnahme nichts mit. Eltern, die sich für eine Spende entscheiden, sollten dies bereits vorab mit ihrem behandelnden Arzt besprechen.

Auf der Website der DKMS-Nabelschnurblutbank findet man eine Auflistung der Kliniken, in denen eine solche Entnahme möglich ist.

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