Rückführung in ein früheres Leben

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Haben wir schon einmal gelebt? Heike Wagner aus Lübeck ist der festen Überzeugung und begleitet ihre Kunden bei einer Rückführung auf einer Reise in frühere Zeiten. GreenFamily-Redakteurin Rebecca hat sich darauf eingelassen und ihr „früheres Ich“ getroffen…

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Inhaltsverzeichnis

Heike war mal ein Delfin

„Auf diese Weise können Ängste bekämpft werden“, erklärt die 34-jährige Heike Wagner freundlich, als ich sie für ein Kennenlern-Gespräch gemeinsam mit meiner Praktikantin Helena besuche. Zu dritt sitzen wir im Behandlungsraum, einem gemütlichen Zimmer in Heike Wagners Wohnung. An den Wänden hängen Acrylbilder von Engeln und Lichtgestalten. Es duftet nach Räucherkegeln und hin und wieder schaut eine Katze zur Türe herein. Wir trinken Tee und unterhalten uns über Glauben, über Tod und Wiedergeburt. „Wenn Sie mich fragen, ob Sie schon einmal gelebt haben, antworte ich ganz klar: Ja!“, sagt Heike Wagner überzeugt. Sie selbst hat nicht nur zahlreiche Rückführungen begleitet, sondern sich auch schon mehrfach selbst rückführen lassen. „Einmal war ich ein Delfin – das war lustig!“, sagt sie.

Warum habe ich Angst vor Wasser?

In der Rückführung finde man oft die Erklärung für bestehende Ängste, meint Heike Wagner. So hätte sie selbst immer Angst vor Feuer gehabt, bis sie in einer Rückführung gesehen habe, dass sie in einem früheren Leben ein traumatisches Erlebnis mit Flammen hatte. Seitdem begegne sie ihrer Angst viel selbstbewusster, könne sich schneller beruhigen. Aber auch Probleme mit Mitmenschen könnten in einem früheren Leben begründet sein, meint die 34-Jährige: „Manchen Seelen begegnen wir immer wieder. Manchmal ist ein Konflikt noch aus einem früheren Leben offen und deshalb verstehen wir uns mit dem Menschen im heutigen Leben nicht.“

Was meine Ängste sind, möchte Heike Wagner wissen. Ich überlege kurz. Vor Wasser habe ich Angst, gebe ich zu. Ich bekomme beim Schwimmen Panik und oft fällt es mir schon schwer, ein Glas Wasser zu trinken. Wir werden dieser Angst auf den Grund gehen, verspricht mir Heike und wir verabreden uns für einige Tage später. Zur Vorbereitung bekomme ich eine CD mit. Auf dieser sind Entspannungsübungen, welche ich als „Hausaufgabe“ durchführen soll. Am nächsten Tag setze ich mich in einer ruhigen Minute in meiner Küche auf einen Stuhl und starte die CD. Ich bin erstaunt über den Erfolg. Ich bin zutiefst entspannt und sogar die Übung, an die ich am wenigsten geglaubt habe – bei welcher ich meine Hände falte und anschließend nicht mehr öffnen kann – funktioniert. Ich bin der Rückführung gegenüber offen gestimmt.

Jetzt wird es ernst

Am Morgen der Rückführung bin ich gespannt und ängstlich zugleich. Was mich wohl erwartet? Heike ist gut gelaunt, begrüßt mich mit einer Tasse Tee und bietet mir das Du an. Das ist während einer Rückführung wichtig, denn ich könnte ihr als Kind begegnen und mich über ein „Sie“ wundern. Ich lege mich auf eine Liege, werde mit einer Wolldecke zugedeckt und neben mich legt Heike ein Aufnahmegerät. So kann ich mir die Rückführung später noch einmal anhören.

Dann geht es los. Heike arbeitet nicht mit Hypnose, sondern mit Tiefenentspannung. Ich schließe die Augen und lausche ihrer Traumreise. Ich begebe mich in ein Schloss. Der erste Raum, den ich betrete, ist ganz und gar blau. Alles ist blau. Die Wände, die Böden, die Möbel, die Dekorationsgegenstände. Der nächste Raum ist rot und der darauf gelb. Ich laufe durch viele farbige Räume und mache schließlich in einer großen Halle Halt. Hier ist es relativ düster. Der Boden ist aus Marmor, in der Ecke sitzt eine graue Katze – mein Krafttier – wie mir Heike später erklären wird. Ich sehe eine Türe. „Gehe durch die Türe. Wenn du sie hinter dir schließt, dann bist du in einem deiner früheren Leben.“

Es fühlt sich real an

Ich befolge Heikes Anweisung, gehe auf die Türe zu. Kaum bin ich hindurch gelaufen, befinde ich mich in einem Turm einer Burg. Ich habe schmutzige Füße und trage ein Leinenkleid. Außer mir ist nichts und niemand in dem Raum, der rund und aus grauen Steinen gemauert ist. Ich stelle mich auf Zehenspitzen und schaue aus den kleinen, fensterähnlichen Öffnungen in der Wand nach draußen. Weite Wiesen sehe ich. Die Landschaft erinnert mich an Irland oder Schottland. Jedenfalls vermute ich das Meer in der Nähe. „Wie alt bist du?“, fragt mich Heike. „Ich bin 14“, antworte ich wie selbstverständlich.

hut-209466_1280Was in den kommenden Stunden folgt, ist eine unheimlich aufregende Reise durch mein Leben als „Trish“. Als vierjähriges Mädchen werde ich von einer Pferdekutsche abgeholt. Ich lebe zu dieser Zeit mit meinen Eltern in einer einfachen Hütte. Meine Mutter ist gerade schwanger. Sie will mich nicht gehen lassen, schreit und weint. Mein Vater hält sie zurück. Ich habe Angst. In der Kutsche sitzt eine alte Frau, sie tröstet mich. Es ist „Margreth“, die mich in den kommenden Jahren begleiten wird. Wir fahren auf eine Burg. Die Burgherrin lebt hier mit ihrem Sohn. Wohlhabend ist die Familie nicht mehr. Neben den beiden Herren, Margreth und mir lebt hier Margreths Ehemann Brian und eine Magd, die im Teenageralter sein muss. Wir arbeiten in der Küche. Mich braucht man, um Ratten zu fangen, denn die Erwachsenen kommen nicht in die engen Belüftungsschächte. Ich krabble hier hinein und fange die Ratten. Ich hole sie heraus und Margreth tötet sie.

Manchmal nimmt mich die Burgherrin mit auf ihr Zimmer. Sie kämmt meine Haare vor einem Spiegel. Als wäre ich eine Puppe. Doch sie spricht nur selten mit mir, ist verbittert. Ihr Sohn Patrick ist verzogen und selbstverliebt. Er behandelt uns sehr schlecht. Brian ist ein alter Mann, den ich sehr abstoßend finde. Er kümmert sich um die Schafe und hin und wieder schlachtet er eines. Er verkauft sie aber auch im Dorf, in das man lange laufen muss. Einmal begleite ich ihn dorthin.

Wie im Rausch…

Was ich erlebe, scheint sehr real – anders, als ein Traum. Ich erzähle immer mehr und antworte auf Heikes Fragen. Ich fühle mich wie in einem Rausch. Ich erlebe auf der Burg ein sehr traumatisches Erlebnis. Margreth erstickt das Baby der Magd, welche durch eine Vergewaltigung von Brian schwanger wurde, nach der Geburt. Das tote, blaue und nackte Baby trägt die Magd die Treppen hinauf. Ich folge ihr. Sie wirft es aus einem Plumpsklo in die Tiefe.

Von da an sehe ich Margreth in einem anderen Licht. Meine Eltern vermisse ich sehr. Als die Burgherrin im Sterben liegt, kommt ein Arzt. Er erzählt mir, dass meine Eltern gestorben sind und mein kleiner Bruder alleine lebt. Er muss etwa 12 Jahre alt sein. Ich möchte ihm helfen, doch ich kann nicht. Ich weiß nicht, wo mein Zuhause ist. Die Schuldgefühle quälen mich sehr.

Eines Tages wird die Burg angegriffen. Wir müssen fliehen. Patrick und ich sind die Einzigen, die noch hier leben. Wir haben geheiratet. Doch wir waren nie intim. Einmal hatte ich versucht, Patrick anzufassen, aber das wollte er nicht. Ich bin nun etwa 40 Jahre alt, Patrick schon ein alter Mann. Auf eine ganz eigene Art und Weise liebe ich diesen Mann, der einer der wenigen Menschen war, den ich in der Isolation auf der Burg kennenlernen durfte.

Wir entkommen mit Hilfe eines Fischers, der uns mit seinem Boot zu einem Flüchtlingsschiff fährt. Es ist voll mit einfachen Menschen. Ich trage das schönste Kleid. Patrick setzt sich auf den Boden des Decks und lehnt sich mit dem Rücken gegen die Bande. So wird er die ganze Schifffahrt verbringen – wortlos und regungslos. Die Stimmung ist zu Beginn noch gut. Sie verändert sich jedoch, je größer Durst und Hunger werden. Menschen beginnen sich zu prügeln, es gibt Verletze und einen Toten, den man einfach über Bord wirft. In einer Ecke sitzt eine Mutter mit zwei Kindern. Ein Mädchen und einen Jungen presst sie dicht an sich. Sie singt ein Lied, das ich nicht verstehe. Die Sprache scheint ein Dialekt zu sein, den ich nicht kenne.

Ihren Sohn, etwa zwei Jahre alt, stillt sie. Die Tochter, etwa fünf, hungert. Sie stirbt noch auf der Schifffahrt. Die Mutter wirft auch sie über Bord und ich stehe daneben, sehe das Mädchen sinken. Ein Bild, das ich nie vergessen werde.

Ich bitte Heike, das Schiff zu verlassen. Sie macht mit mir einen Zeitsprung. Ich lebe jetzt mit Patrick in einer Holzhütte an der Küste. Er ist pflegebedürftig, ich kümmere mich um ihn. Bald stirbt er. Ich lebe noch einige Jahre alleine, bis mich die Kräfte verlassen. Ich durchlebe meinen Tod in der Rückführung. Ein wahnsinniges Gefühl. Ich fühle mich frei. „Jetzt bist du nur noch eine Seele“, sagt Heike.

laos-337018_640Trog der Vergebung

Ich blicke in ein weiteres Leben, als Junge eines Eingeborenenstammes, der von seinem großen Bruder ertränkt wird. Ein grausamer Tod, der meine Angst vor Wasser erklären könnte. Immer wieder begegne ich meinem „Krafttier“, der grauen Katze. Am Schluss treffe ich alle Personen, die ich um Vergebung bitten will. Ich reiche ihnen den Kelch der Vergebung und lasse sie daraus trinken. Auf diese Weise könnte ich verhindern, dass zwischen diesen Menschen und mir noch ein Konflikt steht, der eine Begegnung im aktuellen oder einem nächsten Leben erschweren könnte.

Zurück im Hier und Jetzt

Nach vier Stunden bin ich wieder zurück. Ich liege im Zimmer von Heike Wagner in Lübeck, bin erschöpft und möchte nach Hause. In den kommenden Wochen denke ich oft über das Erlebnis nach, rede mit anderen Menschen darüber. Auch mit Heike habe ich noch einmal Kontakt. Ich bin froh, dass ich die Rückführung mitgemacht habe und sehr beeindruckt, wozu der menschliche Geist in der Lage ist. Für mich persönlich war es nicht mehr als eine Traumreise. Doch für Menschen, die daran glauben wäre das ein intensiver Einblick in ihr früheres Leben gewesen – und wer weiß, vielleicht irre ich mich wirklich…

 

EDIT: Dieses Erlebnis ist etwa fünf Jahre her… Angst vor Wasser habe ich inzwischen absolut gar nicht mehr. Ganz im Gegenteil: Ich bin inzwischen leidenschaftliche Wassersportlerin geworden! 🙂

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