Warum man Babys nicht schreien lässt
Menschenkinder sind in den ersten Jahren völlig hilflose kleine Wesen, die – allein und auf sich gestellt – nicht in der Lage wären, zu überleben. Sie sind auf ihre Bezugspersonen angewiesen. Zwar ist ihr Verstand noch nicht so weit gereift, dass sie das wirklich begreifen können, doch ihr angeborener Instinkt und ihre Urängste lassen sie genau das spüren.
Inhaltsverzeichnis
Das Steinzeitbaby in uns
Unsere Vorfahren haben unter teils sehr extremen und gefährlichen Bedingungen gelebt. Sie mussten gegen Hitze und Kälte, Hungersnöte, wilde Tiere und andere Feinde ankämpfen. Dieser uralte Überlebenswille und die Angst vor Gefahren stecken noch heute in uns Menschen. Mit den Jahren lernen wir zu begreifen, Situationen einzuschätzen und Ängste zu hinterfragen oder abzulegen.
Babys haben Todesangst
Doch zu Beginn unseres Lebens sind wir dazu schlichtweg nicht in der Lage. Wir haben Angst. Wir wollen leben. Und deshalb schreien wir, wenn man uns weglegt. Wir schreien nicht, um Mama und Papa in den Wahnsinn zu treiben, auch nicht aus Langeweile oder weil wir unsere Lungen trainieren wollen (merkwürdig, welche Ammenmärchen heute noch kursieren). Nein, wir schreien, weil wir beschützt werden wollen. Wir brauchen das sichere Gefühl, dass unsere Eltern ganz in der Nähe, jederzeit greifbar und auf unsere Bedürfnisse geschult sind. Gibt man uns diese Sicherheit und Geborgenheit nicht, geraten wir in einen inneren Kampf – bis hin zur Todesangst.
Warum weinst du?
Aus Elternsicht betrachtet ist das nicht immer direkt nachvollziehbar. Das Baby ist gewickelt, es ist gefüttert, es war an der frischen Luft und hatte seine Kuschelzeit. Nun liegt es in seinem Bett in seinem Kinderzimmer. Hier drohen keine direkten Gefahren. Es gibt keine wilden Tiere, keine Feinde und die Temperatur im Raum ist angenehm. Die Spieluhr dudelt beruhigend und auf der Kommode neben dem Bett steht ein Babyphone. Warum schreit das Baby denn nun schon wieder? Hat es vielleicht doch noch mehr Hunger, hat es seinen Schnuller verloren oder hat es Bauchschmerzen?
Unruhe überträgt sich
Eltern sind durch das Schreien oft verunsichert und versuchen etliche Tipps und Tricks aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis zu befolgen. Sie tragen ihr Baby einen Moment herum, massieren den kleinen Bauch und sobald sich das Kleine beruhigt hat, legen sie es wieder in sein Bettchen. Wenn es nun wieder schreit, sind Eltern oft verzweifelt und manche sagen sich nun: ich habe alles getan, nun muss das Baby einfach mal schreien. Es wird sich schon beruhigen.
Oft hören Babys tatsächlich nach einer Zeit von alleine wieder auf zu schreien. Doch das tun sie nicht etwa, weil sie begriffen haben, dass sie in Sicherheit sind. Das tun sie vor allem aus einer Erschöpfung heraus.
Babys haben Hauthunger
Eltern, die verinnerlicht haben, dass ihr Baby Hautkontakt braucht, den Herzschlag und den Duft der engsten Bezugspersonen genießen, können gelassener an eine solche Situation herangehen. Eltern, die in dieser Situation ganz ruhig ihr Baby auf den Arm nehmen, es ganz nah an sich herandrücken und sanft wiegen, werden es in den meisten Fällen schneller beruhigen, als Eltern, die selbst völlig verzweifelt und unruhig, aufgedreht und gestresst sind.
Diese Situationen gibt es nicht nur zu Hause. Auch im Kinderwagen schreien Babys oft jämmerlich, während Eltern den Wagen hektisch hin und her ruckeln – in der Hoffnung, damit eine Beruhigung zu erzielen. Viel mehr wäre dem Baby (und den eigenen Nerven) in diesem Moment geholfen, wenn es aus dem Wagen heraus auf den Arm genommen und liebevoll getragen würde. Einfach mal ausprobieren!
Ausnahmen bestätigen die Regel
Natürlich gibt es auch Einzelfälle – Babys, die aus anderen Gründen schreien. Die tatsächlich schmerzhafte Koliken durchleiden, ein Geburtstrauma oder andere ernste Probleme haben. In diesen Fällen sind die Nachsorgehebamme und der Kinderarzt die richtigen Ansprechpartner. Doch auch diese Kinder profitieren sehr von viel Liebe, Zuneigung, Nähe, Geduld und Verständnis…