Vom Aussterben bedroht: Die Hausgeburt

Im Kreise der Familie gebären, in der gewohnten Umgebung neues Leben schenken – der Gedanke an eine Hausgeburt hat etwas Romantisches an sich. Abseits von steriler Krankenhausatmosphäre, Ärzten in weißen Kitteln, Spritzen und Apparaten. Das dachte auch GreenFamily-Redakteurin Rebecca, doch fand keine Hebamme, die sie begleiten wollte. Ist die Hausgeburt vom Aussterben bedroht?

Symbolbild Hausgeburt © Bildagentur PantherMedia JanPietruszka

Symbolbild Hausgeburt © Bildagentur PantherMedia JanPietruszka

Inhaltsverzeichnis

Die Hausgeburt

Während ich beim ersten Kind niemals auf die Idee gekommen wäre, eine Hausgeburt auch nur in Erwägung zu ziehen, konnte ich mir beim dritten Kind nichts anderes vorstellen. Zu schlecht waren die Erfahrungen, die ich bei den ersten beiden Geburten im Krankenhaus gesammelt hatte. „Lieber bekomme ich den Kleinen alleine im Wald, als nochmal in ein Krankenhaus zu gehen!“, hatte ich während der Schwangerschaft gesagt. Mein Frauenarzt hatte mir sein Okay gegeben, es gab keine Komplikationen und keinen Grund zur Annahme, dass bei der Geburt etwas schief gehen würde. Prima, hatte ich gedacht und mich auf die Suche nach einer Hebamme gemacht, die mich begleiten würde. Bei der Suche blieb es schließlich. Im gesamten Landkreis und im Nachbarkreis fand ich keine Hebamme, die Hausgeburten begleitete. Die einzige Hebamme, die es sich vorstellen konnte, jedoch noch keine Erfahrungen damit hatte, war zur errechneten Zeit im Urlaub. Im Nachhinein betrachtet, war die Entbindung im Kreißsaal dann zwar richtig für mich – denn während der Geburt kam es tatsächlich zu unerwarteten Komplikationen – doch alleine die Tatsache, dass ich gar keine andere Wahl hatte, irritierte mich total. Ich hätte in ein Geburtshaus fahren können, doch die modernen Kreißsäle sehen auch nicht anders aus, das war für mich nicht so verlockend, wie der Gedanke, mein Baby im Kreis der Familie zu gebären.

Hausgeburt zu teuer?

Warum traut sich heute kaum noch eine Hebamme an eine Hausgeburt? Als Gründe, warum sie mich nicht begleiten würden, nannten die Hebammen die hohen Versicherungsgebühren, die sie als Hausgeburtshebamme zahlen müssten und die ständige Rufbereitschaft. „Als Hausgeburtshebamme ist man im Privatleben sehr eingeschränkt, steht ständig auf Abruf, das ist für mich als Mutter nicht möglich“, sagte eine Hebamme damals zu mir. Eine andere erklärte mir, dass es sich finanziell nicht lohnen würde, wegen der hohen Versicherungsbeiträge. Das war im August 2010 – einen Monat zuvor waren die Beiträge um 55 Prozent auf jährlich knapp 3700 Euro gestiegen. Eine Hebamme, die Hausgeburten begleitet zahlt bis zu 4200 Euro im Jahr. Für eine Hausgeburt bekommt eine Hebamme pauschal 537 Euro, unabhängig davon, wie lange die Geburt dauert. Alleine acht Hausgeburten muss eine Hebamme also hinter sich bringen, nur um die Versicherung bezahlen zu können. Dass Eltern zusätzlich einen Eigenanteil bezahlen, ist für den Deutschen Hebammenverband nicht denkbar. Die Hebammen hoffen auf eine politische Hilfe…

Erfahrungsbericht von Martina Meidinger, Landschaftsgärtnerin:

„Beim ersten Kind hatten wir keine Ahnung, wie so eine Geburt ablaufen würde, aber eine konkrete Vorstellung von mir war, dass ich dabei durchgehend von einer Hebamme unterstützt werden würde. Als ich dann erfuhr, dass sich im Kreißsaal des hiesigen Krankenhauses alle Gebärenden die einzige anwesende Hebamme teilen müssen und dass frau bei der Alternative im Geburtshaus oder zu Hause eine Hebamme für sich alleine hat, kam für mich nur Letzteres in Frage.

Ich halte mich ohnehin ausgesprochen ungern in Krankenhäusern auf und die Aussicht auf fremde Leute oder laufende Fernseher im Zimmer und das übliche Großküchenessen haben mich noch zusätzlich abgeschreckt. Vor allem hatte ich Bedenken, ob es in im Krankenhausbetrieb möglich sei, ohne Zeitdruck oder voreilige ärztliche Eingriffe, ohne Dauer-CTG und andere Stressfaktoren zu gebären. Bei einer Hausgeburt ist das alles kein Thema. Beim Einsetzen regelmäßiger Wehen wird die Hebamme angerufen, welche ab zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin in ständiger Rufbereitschaft ist.

Unsere Hebamme war sehr routiniert und hatte die Ruhe weg, so dass ich mich jederzeit absolut sicher gefühlt habe. Ab Eintreffen der Hebamme hat es noch etwa fünf Stunden gedauert, bis unsere Tochter da war. Die Hebamme hat mich durchgehend tatkräftig unterstützt. Beispielweise mit Kaffee-Umschlägen, die einem Dammriss vorbeugen sollten, was auch wunderbar geklappt hat. Sie hatte auch zahlreiche Aufgaben für meinen Mann, so dass der nicht untätig rumsitzen musste und keine Gelegenheit hatte, nervös zu werden.

Da ich während der gesamten Zeit weder essen noch trinken konnte (die Wehen haben bei mir einen starken Brechreiz hervorgerufen), war ich anschließend ziemlich erschöpft und froh, dass ich in meiner gewohnten Umgebung sein durfte. Das zweite Kind habe ich 4 Jahre später auch zu Hause bekommen Als die Kleine da war kam unsere Große gerade vom Kindergarten nach Hause und so hat sie noch einiges mitbekommen. Die Hebamme hat ihr sogar angeboten, dass sie die Nabelschnur durchtrennen darf, aber so mutig war sie dann doch nicht. Wir hatten eine schöne Zeit mit unserer Hebamme, auch die Vor- und Nachsorge hat sie sehr liebevoll und gewissenhaft durchgeführt. Ich bin froh, dass unsere Kinder im Kreis der Familie ankommen durften und nicht als Patienten eines Krankenhauses.“

Hinweis
Ein Kinderbuch zum Thema Hausgeburt ist im Verlag Edition Riedenburg erschienen: „Unser Baby kommt zu Hause!“ von Caroline Oblasser.

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